Wind,
Wasser und grüne Wiesen mit diesen drei Schlagwörtern
läßt sich wohl unser Reiturlaub im Südwesten
Irlands am besten beschreiben. Nach der frühzeitigen
Anmeldung im März und langem, sehnsüchtigem Warten
auf den Abreisetag, ging es endlich los. Das Flugzeug brachte
meine Freundin Elisabeth und mich von Düsseldorf über
Dublin zum Flughafen Kerry County im Südwestern Irelands,
wo wir bereits von Mrs. O Sullivan herzlich begrüßt
wurden.
Nach einer 20minütigen Autofahrt kamen wir am Ausgangsort
unseres 6tägigen Trailrittes auf den Killarney Riding
Stables an, wo wir auch sofort von Mr. O Sullivan
empfangen wurden. Killarney selbst ist ein kleinerer Ort
mit rund 10,000 Einwohnern und mit seinen bunten, kleinen
Häusern, die dicht aneinandergereiht sind, sehr farbenfroh
und liebenswert, wie auch deren Einwohner, wie wir später
noch feststellen sollten.
Nach der Zimmerzuteilung und nachdem wir uns mit Tee und
Gebäck gestärkt hatten, konnten wir auch bereits
die 30 Pferde, die hier leben, begutachten. Der Großteil
von ihnen sind echt Irish Draught Horses mit einem Stockmaß
von 165 185 Zentimeter und einem sehr kräftigen
Gebäude ausgestattet. Die restlichen Pferde sind Irish
Hunter, also eine Kreuzung von Irish Draught Horses mit
englischen Vollblütern. Sie sind deshalb auch kleiner
und etwas zierlicher im Gebäude, dennoch von kräftiger
Statur.
So
besahen wir uns die Pferde genau und hatten bald unser
Lieblingspferd gefunden. Es kam nun nur noch darauf an,
daß wir sie auch mit dem Einverständnis von
Mr. O Sullivan zum Trail benutzen durften. Nach
einem sehr vielseitigen Frühstück mit Cornflakes,
Toast mit Orangemarmelade, Ham and Eggs (genannt Full
Irish Breakfast) einem längeren Spaziergang nach
Killarney und danach einem erneuten Rudgang durch die
Stallungen, war es dann um 12.00 Uhr mittags endlich soweit.
Zu unserer großen Freude durften wir die von uns
vorgemerkten Pferde auch reiten. Es waren dies für
mich Michelle, eine dunkelbraune Hunterstute, und für
Elisabeth Spike, ein braungrauer Wallach der Rasse Irish
Cob. Mit uns ritten noch zwei Mädchen aus den USA,
Michell und Dorie auf zwei weißen Irish Draught
Horses, der Stute Tosca und dem Wallach Neptune, von dem
uns erzählt wurde, daß Fotografen aus aller
Welt nur wegen seines Kopfes kämen, um ihn in ihren
Pferdezeitungen den Lesern näherzubringen. Auch ich
habe es mir natürlich nicht nehmen lassen, ein Bild
von ihm zu machen, um ihn so für immer für mich
festzuhalten.
Thea, unsere Führerin, eigentlich Kanadierin, die
die gälische Sprache studiert und als Nebenjob Trailritte
in Irland führt, ritt auf einem rotgrauen Connemara-Pony.
Unser Vierstundenritt brachte uns quer durch den Killarney
National Park, wo die haushohen, wildwachsenden Rhododendron-Büsche
in voller Blüte standen. Man findet hier auch noch
Bäume, die weit über 100 Jahre alt sind und
sich hier alle frei angesiedelt haben. Am Abend gab es
dann wieder ein sehr feines Abendessen mit Schweinefleisch,
Gemüse und Rotwein. Zuvor wurde eine köstliche
Ochsenschwanzsuppe gereicht.
Am Dienstag begann dann unser Start zum Trailritt, der
uns über 140 Kilometer quer über die Iveragh-Halbinsel
in Richtung zum Atlantischen Ozean führen würde.
Unsere fünf Pferde wurden in den großen Truck
geladen, und wir Reiter fuhren im Auto an den Ausgangspunkt
zwischen Killarney und Glenbeigh, dem Ort, wo wir heute
übernachten würden.
Nachdem die Pferde ausgeladen worden waren, führte
unser Weg vorbei am Lough Nakirka, einem großen
See mit tiefblauem Wasser. Übrigens hatte sich Thea
zum Trail ein anderes Pferd mit viel Vollblutanteil ausgesucht,
auf den sein Name Ginger wirklich sehr gut paßte,
und der sehr viel Temperament hatte.

Neben
dem Weg, der größtenteils geteert war, tummelten
sich überall frei umherlaufende Schafe, die Haupterwerbsquelle
für die Bevölkerung, die in diesem Teil des
Landes ansässig ist.
Nach einer Mittagsrast mit den mitgebrachten Sandwiches,
Äpfeln und den Getränken, die in den Satteltaschen
der Pferde verstaut waren, ging es weiter zum Devils
Elbow, wo der Weg vom See abbiegt wnd sich in die
entgegengesetzte Richtung wendet. Hier wird die bisherige
Straße zu einem schmalen Pfad, der mit Schotter
und Geröll übersät ist. Auf diesem Weg
ging es ständig bergauf zum Windy Gap,
das uns einen schönen Blick auf das Meer, die Dingle-Halbinsel
und Rossbeigh Strand bot. Den ganzen Abstieg bewunderten
wir unsere Pferde, die trittsicher und ohne zu stolpern
auf diesem schwierigen Gelände ihren Weg fanden.
Nach einem Abstieg, den wir die Pferde führten, erreichten
wir gegen 16.00 Uhr die Weide, auf der unsere vierbeinigen
Frunde bis zum nächsten Tag gut aufgehoben waren.
Nach dem Absatteln wurden wir noch eine kurze Strecke
zu unserem Hotel in Glenbeigh gefahren, wo wir wieder
ein reichliches Abendessen mit gekochtem Lachs, Gemüse
und Kartoffeln, ebenso mit Vor- und Nachspeise bewirtet
wurden.
Am nächsten Morgen, der während des Frühstücks
noch kein verheißungsvolles Wetter bot, sondern
nur Sturm und Regen sehen ließ, beschlossen wir,
uns für heute wärmer anzuziehen. Kaum war das
geschehen, war aller Regen wie weggeblasen und bei unserer
Ankunft bei den Pferden schien bereits wieder die Sonne
warm auf uns hernieder.
Nach dem Satteln starteten wir zum Soomasachran Lake,
einem großen See mitten in den Teermoyle Mountains,
die rund um den See gegen den inzwichen wieder ganz tiefblauen
Himmel aufragten. Nachdem wir an seinem Ufer unsere übliche
Mittagsrast gemacht hatten, begann unser Rückweg
und um 16.00 Uhr waren wir wieder auf der Pferdekoppel,
wo sie auch noch diese Nacht bleiben konnten. Wir schliefen
ebenfalls wieder im gleichen Hotel wie am Vortag.

Nach
unserem Abendessen, das wir wieder frei Karte auswählen
konnten, verabschiedeten wir uns von Michelle und Dorie,
die nur diese drei Reittage gemacht hatten und noch mit
dem Auto weiter nördlich nach Sligo fahren wollten.
Elisabeth und ich gingen dann noch zum Whynn Castle, einer
vor zirka 100 Jahren erbauten Brug, die bereits heute
wieder Ruine ist und sich sehr eindrucksvollauf einem
nahegelegenen Hügel erhebt.
Am Donnerstag starteten wir wieder von der Pferdekoppel
aus in Richtung Windy Gap, und unsere Pferde
schafften den steilen und mit Geröll übersäten
Weg spielend. Nach dem Aufstieg und einem kurzen Galopp
wagten wir uns an den Abstieg zum Carragh Lake, dem wohl
schönsten See der ganzen hier gesehenen, die alle
tiefblau und glasklar waren. Kein Wunder, denn sie werden
von den umliegenden Bächen und Quellen gespeist,
in denen sich Lachse tummeln und hier von Sportfischern
aus der ganzen Welt geangelt werden. Nach der Mittagspause
am Carragh Lake ritten wir weiter nach Glencar, einem
Ort mit nur wenigen Häusern. Unser Hotel, das übrigens
in deutsch-irischen Händen ist, war inmitten eines
Waldes, und wir erreichten es durch eine lange Allee,
die beidseits des Weges von 3-4 Meter hohen Rhododendren
gesäumt ist, und die auch hier in voller Blüte
standen und herrlich dufteten.
Hier bekamen wir auch ein ausgezeichnetes Irish Stew,
das Nationalgericht in Irland, bestehend aus Kartoffeln,
verschiedenen Gemüsen und Lammfleisch. Am späteren
Abend waren hier auch noch irische Musiker, die uns mit
ihren melancholischen Liedern sofort in ihren Bann zogen.
Dazu tranken wir, wie an den Abenden zuvor, Guinness,
das dunkle, süffige, aber auch starke Malzbier, das
wohl auf der ganzen Welt bekannt ist. Dieser Tag war für
Elisabeth der schönste des gesamten Trails.
Am
Freitag, dem vorletzten Reittag, starteten wir schon eine
Stunde eher als an den anderen Tagen. Auf dem Programm
stand heute der Ritt von Glencar über den Ballagsheen-Paß
nach Waterville, dem westlichsten Ort von ganz Europa
mit Ausnagme von Island und direkt am Atlantischen Ozean
gelegen, Doch bis dahin hatten wir noch einen langen und
sehr anstrengenden Ritt über zirka 50 Kilometer Länge,
wobei heute auch sehr viel im Trab geritten wurde.
So kamen wir ziemlich zügig voran und hatten am späten
Vormittag den Aufstieg auf den Paß geschafft. Von
hier oben sahen wir dann auch das blaue Meer am fernen
Horizont. Den Paß bergab führten wir unsere
Pferde, die inzwischen wohl keiner mehr von uns gerne
hergeben wollte. Nach dem erneuten Weiterritt, mit vielen,
langen Trabpassagen, gelangten wir um zirka 13.45 Uhr
auf ein altes, verfallenes Schulhaus, wo wir inmitten
der Steinumzänung unsere Sandwiches verspeisten.
Um 14.30 Uhr ritten wir dann weiter und erreichten gegen
17.00 Uhr Waterville. Bei einem kurzen Spaziergang nach
dem Dinner entdeckten Elisabeth und ich dann noch ein
keltisches Steingrab mit dem Namen Baliscon Dolmen,
wo Fial, die Tochter von Milesius, einem prähistorischen
Eroberer Irlands ruhen soll. Heute sind die aufeinandergeschichteten
Steine jedoch mitten in einer Rinderweide und werden so
wohl nicht mehr als Kultstätte verehrt.
Dann kam leider schon der Samstag und gleichzeitig auch
unser letzter Reittag, der aber wohl der schönste
des ganzen Trails war.
Zuerst ritten wir zum nahen Sandstrand, wo wir mit unseren
Pferden einige Male eine vorgegebene Strecke galoppierten.
Das war für mich der aufregendste Teil des gesamten
Trails und damit ging auch ein von mir lange gehegter
Wunsch in Erfüllung, wie überhaupt durch den
ganzen sechstägigen Trailritt. Hier hatte ich wirklich
das Gefühl der ungebundenen Freiheit so richtig gespürt
und ich wollte, daß diese Tage nie zu Ende gehen
würden. Unser weiterer Ritt führte uns immer
neben dem meer entlang und so hatten wir tolle Ausblicke
auf die wilde Küste und das vom starden Wind auf
gepeitschte Wasser.
Killarney Riding Stables,
Ballydowney,
Killarney,
Co. Kerry,
Ireland.